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Archaeo Publica - Bürgerbeteiligung in der Archäologie

Wien (Gastkommentar) - Archäologisch tätige Personen an österreichischen Institutionen nehmen immer stärker das in Teilen der Bevölkerung bestehende Interesse wahr, sich mit Archäologie zu beschäftigen und konkret an archäologischer Arbeit zu beteiligen. Die Reaktionen der Fachwelt auf diese Entwicklung sind höchst unterschiedlich, nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen Methoden und Zugänge der interessierten Laien.

Die emotionalsten Diskussionen löst sicherlich die sogenannte Sondengängerszene aus, jener Teil der interessierten Laienschaft, der vornehmlich mittels Metallsuchgerät aktiv ist. Die Suche nach Metallobjekten wird aus unterschiedlichsten Gründen betrieben: echtes archäologisches bzw. historisches Interesse ist durchaus ein häufiges Motiv, ebenso wie Such- und Sammelleidenschaft oder wirtschaftliche Interessen. Sondengänger bewegen sich, je nach konkreter Aktivität und Ort des Geschehens, in einem juristischen Graubereich. Aus archäologischer Sicht wird häufig Schaden angerichtet, wenn aus einem ursprünglich intakten Befund, wie zum Beispiel einem Hügelgrab, unkontrolliert und undokumentiert die Metallobjekte entnommen werden. Dadurch ist der Befundzusammenhang nachhaltig gestört und zumeist auch noch der Verlust des datierenden Objekts zu beklagen. Dies ist stärker noch als der Verlust der Objekte an sich, für Wissenschaft und Öffentlichkeit, der Grund, warum das Verhältnis zwischen archäologischer Fachwelt und Sondengängerszene konfliktbeladen und der Begriff "Hobbyarchäologe" zu vermeiden ist.

Verschiedene Initiativen versuchen seit Jahren, diese Kluft zu überbrücken. Die Beteiligung einzelner Laien an konkreten archäologischen Projekten wie Grabungen oder Prospektionen hat zu gegenseitigem Verständnis und zum Wunsch nach stärkerer Institutionalisierung solcher Kooperationen geführt. Diese ist auch deshalb erstrebenswert, weil es zahlreiche interessierte Laien gibt, die außerhalb der Sondengängerszene stehen. Heimatforscher leisten oft über viele Jahrzehnte intensive und wertvolle Arbeit, wenn sie beispielsweise die Felder ihrer Region nach oberflächig liegendem Fundmaterial absuchen und ihre Funde zeitnah melden. Dadurch werden viele Fundstellen überhaupt erst bekannt, die in weiterer Folge geschützt oder wissenschaftlich untersucht werden können. Ehrenamtliche Heimatforscher verfügen über ein häufig enormes Detailwissen zu bestimmten Themen und Regionen und bemühen sich in dankenswerter Weise um die Archäologie. Doch die wenigsten werden wohl in adäquater Weise seitens der Fachwelt betreut und in ihrem Tun anerkannt - allerdings nicht aufgrund der gleichen Ablehnung, die großen Teilen der Sondengängerszene gilt. Das Problem lieg in einem anderen Bereich.

Betreuung im Sinne von Beratung und Beurteilung (des aufgesammelten Fundguts) kann nur von Fachpersonal adäquat geleistet werden. Doch die österreichischen Archäologinnen und Archäologen an Universitäten, Museen und Forschungseinrichtungen sind aufgrund ihrer geringen Zahl mit ihren eigentlichen Aufgaben mehr als ausgelastet. Auf alle Anfragen, Informationen und Bedürfnisse einer großen Zahl interessierter Laien einzugehen, ist zeitlich nicht möglich.

Den Betreuungsbedarf und das Potenzial von Bürgerbeteiligung an archäologischer Arbeit zu ignorieren wäre jedoch fahrlässig. Entsprechend bemühen sich aktuell Kolleg(inn)en von Bundesdenkmalamt, Universität Innsbruck, Akademie der Wissenschaften, Regionalarchäologie Niederösterreich, Bangor University (UK) und Oberösterreichischem Landesmuseum um die Etablierung eines Vereins, dessen Ziel es ist, interessierte Laien an archäologischen Projekten zu beteiligen. Dabei stehen ausdrücklich nicht nur Grabungs- und Feldforschungsprojekte im Fokus. Vielmehr sollen Projekte angeboten werden, welche die ganze Bandbreite archäologischer Tätigkeit repräsentieren, wie beispielsweise Sammlungsarbeit in Museen (Inventarisieren, Ordnen, Fotografieren, Scannen etc.). Die Vielfalt und Intensität der Projekte wird nicht zuletzt von den finanziellen Möglichkeiten des zu schaffenden Vereins abhängen, sowie von der Akzeptanz durch Fachkolleg(inn)en und interessierte Laien. Eine etablierte Kooperationsstruktur wird zumindest teilweise das Problem lösen, vor dem viele Fachleute stehen, die sich einer Einbindung von Laien an sich nicht verschließen, aber dafür keine zeitlichen Kapazitäten haben.

Dann können sich die Vorteile einer engeren Vernetzung von Fachleuten und Ehrenamtlichen zeigen: Mehr Informationen über und damit mehr Schutz von Fundstellen sowie Unterstützung bei Tätigkeiten, wo dies sinnvoll möglich ist einerseits, und Anerkennung der eigenen Arbeit, Kontakte und Zugang zu Kooperationen und Informationen andererseits. Große Erfolge dieser Bemühungen werden sich nicht von heute auf morgen einstellen, aber erste vielversprechende Schritte sind getan.

Quelle: APA

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